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Gedankenpotpourri aus meinem Kopf – von Entscheidungen, Warten und Wollen

Gedankenpotpourri aus meinem Kopf – von Entscheidungen,  Warten und Wollen

Versuchen oder doch lieber lassen? 

An Ideen festhalten oder lieber loslassen? 

Ein Gedanke: 
Die Oma von meinem Mann hatte früher einen Garten. Sie musste ihn aufgeben. Zu teuer. Das Alter. Der Weg. Die Anstrengungen. Traurig war, dass sie ihre Pflanzen und die Gartenarbeiten vermisste. Also bepflanzte sie ihr Berliner Grün vor dem Haus. Der Herzmann und ich schüttelten darüber die Köpfe. Wieviel abschreckende Beispiele hatten wir schon gesehen? Noch heute denke ich ab und zu an den traurigen „Kindergarten – Garten“ eines Kinderladens in einer bekannten Berliner „Cocktail-Straße“. Viele Bars. Müll. Ausscheidungen. Betrunkene, die auf das Zäunchen stürzen und das hübsche Schild zerstören. Ein Gedanken im Gedanken. Besagte Oma jedenfalls pflanzte und freute sich. Ab und zu ärgerte sie sich über Unachtsamkeiten und Müll, aber im wesentlichen glückte die blühende Verschönerung und die Gartenarbeit war erbaulich. 


Obwohl wir abgestorbene und/oder zugemüllte Grünflächen und damit abschreckende Bilder, im Kopf hatten und es nicht gemacht hätten, war es für die Oma genau die richtige Entscheidung es trotzdem zu versuchen. Und blühende Blumen sollten ihr Recht geben. 

Je länger wir nachdenken, desto mehr mögliche Szenarien spinnen wir. Das Leben besteht aus Entscheidungen. Ja. Wir müssen aber nicht jedesmal wie Sherlock Holmes alle möglichen Konsequenzen und Abläufe durchgehen. Ein grobes Abwägen reicht. Und manchmal können wir auf unser Gefühl hören, obwohl der Verstand sein Veto einlegt. 

Nehmen wir das Kinderwunsch-Thema. Im besten Fall stehen sich beide wohlwollend gegenüber und wollen das Gleiche. Die Fragen bohren trotzdem. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Haben wir genug Geld? Was wäre, wenn wir unsere Arbeit verlieren? Wo und wie wollen wir leben? Was ist, wenn…. das Babay viel weint? Was ist, wenn….. 

Einfach machen? Auf das Gefühl hören? Vernünftig Vorgehen? 
Und dann treffen wir Entscheidungen für unsere Kinder. Fragen uns noch mehr, ob dieses oder jenes das Richtig ist. 

Und nicht sie sind es, die anstrengend sind. Vielmehr sind wir es, die angestrengt sind. Und wir grübeln, welche Entscheidungen sollten wir treffen…


Als Eltern entscheiden wir nicht mehr nur für uns. Manchmal treffen wir Vernunftsentscheidungen, obwohl das Gefühl sein Veto einlegt, weil es für alle Familienmitglieder passen muss. 

Wir sollen uns nicht für die Kinder bzw. das Kind aufgeben. Eine Mama/ ein Papa hat genauso das Recht darauf glücklich zu sein. Selbstbestimmt. Doch das Bedürfnis nach existenzieller Sicherheit wiegt schwer. Bei mir jedenfalls. Der Verstand gewinnt oft. Nur ich kann etwas in meinem Leben ändern. Ich weiß das. Manchmal jedoch muss jammern und stöhnen und vielleicht ein bisschen träumen ausreichen, weil ich mich dafür entschieden habe. Als Ventil. 

Manchmal muss ich auch Durststrecken aushalten, weil ich meinen Partner unterstützen will, weil ich eine Idee nicht aufgeben will. Oft ist das Ganze auch gar nicht das Problem. Der Teufel steckt im Detail. Mehr Ruhe und Freiraum zum Durchatmen reichen manchmal schon.

Ich blogge. Also bin ich?

Allzu oft frage ich mich, was das hier soll…
Stiefmütterlich behandelt strahlt der Blog nicht in vollem Glanze. Da geht noch einiges. Doch ich stelle ihn immer und immer wieder hinten an. Meine Kinder, meine Familie, die Arbeit und auch abendliches Buch lesen für mich gehen vor. Meine Entscheidung. Die Konsequenz bleibt: Es ginge mehr. Also warum nicht aufhören? Ich kann sehr gut ohne das Hobbybloggen leben. Will ich aber nicht. 

Und wie einst bei der Buchentstehung, motiviert mich meine Tochter. 

Der Mensch strebt nach Ordnung. Nach System. Wir geben uns alle Mühe und erstellen Regelmäßigkeiten. Wir bilden Gruppen, Schemata und stellen Verbindungen her. Wir suchen nach Punkten, die sich gut erfassen und vergleichen lassen. Wir sammeln Werte und begrenzen einen Toleranzraum. Die Schubladen in unserem Kopf bringen die Welt ins Gleichgewicht, ordnen, verhindern Überlastung und Chaos. 

Und für meine Tochter will ich, dass das Ullrich-Turner-Syndrom in die passenden Schubladen kommt. Mich motiviert das innere Bedürfnis etwas für die Bekanntheit des Syndroms zu tun. 

Ich zeige die Wochenenden in Bildern, die 12von12-Tage, weil sie (unseren) „normalen“ Alltag zeigen. Die Diagnose verhindert kein freudiges, anstrengendes, alltägliches Familienleben. 

Leben ist, was wir daraus machen. Es könnte aufregender sein. Wir könnten mehr reisen, mehr Aktivitäten verfolgen, mehr Bücher lesen. Wir könnten… Doch wir dürfen nicht übersehen, dass wir ein gutes Leben haben. Ein Zuhause. Essen. Kleidung. Wir haben uns.

 Ich bin dankbar dafür. 

Meine Bilder, das Buch und der Blog sollen ein Gegengewicht sein zur medizinischen Darstellung. Sie sollen (Achtung Kitsch) wie Blumen oder Lichtstrahlen auf dem Weg aus dem Dunkel sein. 

Jeder Mensch trifft seine eigenen Entscheidung. Und immer und immer wieder (Jene, die hier schon lange lesen: Ich weiß, dass ich mich ständig wiederhole) betone ich, dass ein Leben mit UTS nicht mehr oder weniger lebenswert ist als alle anderen. Das Syndrom muss nicht automatisch ein Abtreibungsgrund sein. Es muss kein Grund für schwerwiegende Entscheidungen sein. Eine Diagnose im Kindesalter kann vielleicht auch eine Erklärung sein. Vielleicht wird es nie diagnostiziert, weil es keine gravierenden Probleme gibt. 

Ich teile das als Antwort auf Unsicherheiten und Unwissenheiten. Pränatale Bluttest in der Schwangerschaft sind weiterhin auf dem Vormarsch. Wie bohrend und ungewiss nagen „Was wird werden? und Was ist das?“ – Fragen bei einem Ungeborenen mit 45, XO unter dem Herzen an der guten Hoffnung. Banal wirken die Szenen des Alltags. Unbedeutend. Langweilig. Meine Gedanken und unser Familienleben füllen diesen meinen kleinen Raum im großen Internet. Mut sollen sie genau dadurch machen. 

Es geht nicht um Perfektes. 

Nichts tun und Aufhören wäre die falsche Entscheidung. 
Doch in und mit all meiner Unvollkommenheit will ich nicht nur die Suchmaschinenergebnisse für diese eine chromosomale Gegebenheit bereichern. Unerlässlich will ich über meinen Tellerrand schauen. Deswegen gibt es zum Beispiel die Buchvorstellungen. Inklusion, „seltene Erkrankungen“, Pränataldiagnostik und Anderssein sind Themen, die mich bewegen, berühren, wo ich mehr erfahren und lernen möchte. Input dazu ist immer erwünscht.  
Wir wollen alle „Gut sein“, wenn wir etwas anpacken. Aber grade Kinder zeigen uns, dass das Schöne, Richtige und Voranbringene nicht im Ergebnis perfekt sein muss. Dass wir überhaupt wollen, denken und tun, ist das entscheidende. 

Ich wollte den Vertrag für das Buch eigentlich nicht verlängern. Es sind immer mal ein paar Bücher verkauft worden, aber so wirklich berauschend ist der Absatz nicht. Doch durch viele kleine Vorkommnisse, Zufälle und gute Worte, ist es nun doch so, dass „X-MAL ANDERS SEIN“ aus Blog&Buch besteht. Wer weiß, was noch kommt. 

Ich bin nicht vollkommen, mein Leben ist es nicht, Blog&Buch nicht, genauso wenig wie meine Partnerschaft und die Kinder. 

Und trotzdem ist mein Sohn einmalig, wenn er „Schneemann, Schneemann“ singt. Meine Tochter ist großartig, wenn sie mutig und mit ein bisschen Überwindung ihre Einkäufe selbst bezahlt, obwohl der Menschen auf der anderen Seite sie kaum sieht. Liebenswert ist mein Mann, wenn er verschmitzt hinter seiner Tasse hervorschaut und eine Idee hat. Und dann ist irgendwie doch alles perfekt. Ich muss es nur merken. 

Anne

Kommentare

  1. avatarJanet

    Liebe Anne, so schön geschrieben 🙂 Glaub an Dich! Du und Deine Familie sind wunderbar.

    1. avatarAnne

      Liebe Janet,
      vielen Dank für das schöne Feedback.
      Alle Liebe Anne